Wie erstellt man eine Prozesslandkarte?

Ein Prozess jagt den anderen. Um den Überblick zu behalten, sollten Unternehmen auf Effizienz und Transparenz setzen. Eine gute Methode: Prozesslandkarten erstellen! Welche Vorteile diese für das Qualitätsmanagement mit sich bringen und wie Organisationen vorgehen sollten, zeigen wir Ihnen!

Frank Hartmann
Berater
Prozesslandkarten mit orgavision
Themenübersicht
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Eine immer komplexere Welt stellt Unternehmen vor die Herausforderung, ihre Prozesse effizient und transparent zu gestalten, um handlungs- und wettbewerbsfähig zu bleiben. Eine effektive Methode dafür bieten Prozesslandkarten. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff … und inwiefern gelten sie als wegweisend für das Qualitätsmanagement?

Prozesslandkarten als Kern jedes Qualitätsmanagements 

Wertschöpfungsprozesse, Fertigungsprozesse, Veredelungsprozesse, Lieferkettenprozesse und viele weitere: Allgemein betrachtet, dient eine Prozesslandkarte als visuelles Werkzeug, das die verschiedenen Prozesse innerhalb eines Unternehmens übersichtlich darstellt und in Beziehung setzt. Sie verdeutlicht, wie Arbeitsabläufe miteinander verknüpft sind und wie diese dabei helfen, bestimmte Geschäftsziele zu erreichen. Im übertragenen Sinne gleicht eine Prozesslandkarte einer Wanderkarte, die aus der Vogelperspektive die Unternehmensabläufe – also die „Wanderwege“ der Wertschöpfungs- bzw. Kernprozesse und der weiteren Prozesse – zeigt. Nicht alle Branchen verwenden hierfür dieselben Begriffe: Oft nutzen sehr große Organisationen das gleichbedeutende Wort „Konzernschema“.  

Der Next-Level-Benefit: Im Kontext des Qualitätsmanagements fördert eine Prozesslandkarte die 
Nachvollziehbarkeit bestehender Abläufe und unterstützt die kontinuierliche Prozessverbesserung. Damit gilt die Prozesslandkarte als wichtiger Bestandsteil eines jeden Qualitätsmanagements. 

Unternehmensvorteile sichern

In der Praxis bewähren sich gut erstellte Prozesslandkarten und überzeugen mit zahlreichen Vorteilen:

  • Effizienzsteigerung: Durch die Visualisierung von Prozessen lassen sich Engpässe und Ineffizienzen leichter identifizieren und beseitigen. Das führt zu schnelleren und kosteneffizienteren Abläufen.
  • Qualitätssicherung und -verbesserung: Eine klare Darstellung aller Prozesse ermöglicht es, Qualitätsstandards einzuhalten und zu optimieren. Das reduziert Fehler und steigert die Produkt- und Dienstleistungsqualität. 
  • Risikomanagement: Mit Prozesslandkarten stellen Verantwortliche sicher, dass sämtliche Abläufe den gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen entsprechen. 
  • Strategische Planung- und Entscheidungsfindung: Führungskräfte nutzen Prozesslandkarten, um fundierte Entscheidungen zu treffen und strategische Ziele zu planen. Sie bilden eine Grundlage für die kontinuierliche Identifikation von Verbesserungspotenzialen und Innovationsmöglichkeiten.
  • Kundenzufriedenheit: Durch optimierte und transparente Prozesse reagieren Unternehmen schneller auf Kundenanforderungen und erhöhen die Bindung zu ihren Kund:innen. 
  • Wettbewerbsvorteil: Organisationen, die ihre Prozesse fest im Blick haben, passen sich bei Marktveränderungen schneller an. Das verschafft ihnen einen klaren Vorteil gegenüber Wettbewerbern.

Wie lassen sich Prozesslandkarten erstellen?

Diese Schritt-für-Schritt-Anleitung hilft Ihnen dabei, für Ihre Organisation Prozesslandkarten zu erstellen – beginnend mit der Vorbereitung und Planung bis hin zur Implementierung und kontinuierlichen Verbesserung. 

  • Schritt 1: Ziel und Umfang definieren 
    • Bestimmen Sie das Ziel der Prozesslandkarte.
      • Was soll sie darstellen oder erreichen?
      • Soll sie zur Optimierung bestehender Prozesse, zur Schulung neuer Mitarbeiter:innen oder zur Einhaltung von Qualitätsstandards dienen?
    • Legen Sie den Umfang der Landkarte fest. Sie kann die gesamten Unternehmensprozesse berücksichtigen oder nur einen Teilbereich. 
  • Schritt 2: Prozessanalyse durchführen
    • Sammeln Sie alle wichtigen Informationen über die relevanten Prozesse im Unternehmen.
    • Teilen Sie die Prozesse in Kategorien ein: Hauptprozesse, Unterstützungsprozesse und Managementprozesse (siehe unten). 
    • Legen Sie im Vorfeld fest, wer aus dem Team (Teamleiter:innen, Abteilungsleiter:innen oder Mitarbeiter:innen) beteiligt ist und welche Verantwortlichkeiten diese für die jeweiligen Prozessabschnitte übernehmen.
  • Schritt 3: Prozesslandkarte entwerfen
    • Erstellen Sie ein Schaubild, das sämtliche Einzelprozesse übersichtlich clustert (siehe Abbildung „Prozesslandkarten schaffen eine Übersicht über alle gelebten Einzelprozesse.“).
  • Schritt 4: Überprüfen und validieren
    • Lassen Sie die Prozesslandkarte von den Beteiligten überprüfen und holen Sie Feedback ein.
    • Aktualisieren Sie ggf. die Prozesslandkarte basierend auf den Rückmeldungen aus dem Team. 
  • Schritt 5: Dokumentation und Veröffentlichung
    • Erstellen Sie eine ausführliche Dokumentation, die die Inhalte der Prozesslandkarte erklärt und die einzelnen Prozesse beschreibt. 
    • Stellen Sie die Prozesslandkarte wie auch die Dokumentation den relevanten Stakeholdern zur Verfügung und integrieren Sie sie in das vorhandene Qualitätsmanagementsystem. 
  • Schritt 6: Monitoring und kontinuierliche Verbesserung
    • Überprüfen Sie die Prozesslandkarte regelmäßig, um ihre Aktualität und Relevanz sicherzustellen.  Dazu zählen auch eine fortlaufende Validierung und Optimierung.

Prozesse identifizieren und klassifizieren

In den Schritt 2 lohnt es sich, hineinzuzoomen. Denn mit ihm steht und fällt der Erfolg der Prozesslandkartenerstellung. Beim Identifizieren und Klassifizieren von Arbeitsabläufen ist es entscheidend, alle relevanten Workflows im Unternehmen systematisch zu erfassen und in Kategorien einzuteilen – Haupt-, Unterstützungs- und Managementprozesse.

Zu den Hauptprozessen zählen die zentralen Wertschöpfungsabfolgen, die zur Erfüllung der Kundenanforderungen und zum Erreichen der Unternehmensziele beitragen, wie in der Produktion oder im Vertrieb.

Unterstützungsprozesse dagegen liefern die notwendigen Ressourcen und Dienstleistungen, um die Hauptprozesse effizient zu halten, etwa IT-Services, Personalwesen oder Verwaltung.

Schließlich umfassen Managementprozesse strategische und operative Führungsaufgaben, die die Ausrichtung, Steuerung und Kontrolle des Unternehmens sicherstellen. Beispielsweise erreichen Sie dies durch eine strategische Planung oder ein Qualitäts- und Risikomanagement.

Diese Klassifikation schafft eine klare Struktur, um Prozesse gezielt zu analysieren, Schwachstellen aufzudecken und Verbesserungsmaßnahmen effektiv zu planen. 

Klassifizierungs-Tipp:

Lassen sich Kern- und Unterstützungsprozesse nicht eindeutig voneinander separieren, ist eine vierte Kategorie hilfreich: die auftragsunterstützenden Prozesse. Dazu gehören vor allem Entwicklungs-, Beschaffungs-, Logistik- oder Kundenmanagementprozesse. Damit nehmen Unternehmen auch die Hürden, die das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz („Lieferkettengesetz“) mit der Überwachung externer Prozesse mit sich bringt. Prozesslandkarten helfen, die komplexen Abläufe und Verantwortlichkeiten in der Lieferkette übersichtlich darzustellen und sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden.

Praxistipp: Prozessmodellierung

Steht die Prozesslandkarte als zentrale Übersicht, geht es ins Detail – nämlich an die Modellierung der einzelnen Prozessschritte. Diesem zentralen Schritt sollten Organisationen mit Sorgfalt begegnen, um die Abläufe innerhalb eines Unternehmens klar und verständlich darzustellen – meist in Form von Flussdiagrammen. Es sind aber auch viele andere Darstellungsweisen, beispielsweise Textdateien oder Tabellen, möglich.

Option: Prozessmodellierung mit BPMN

Die international verbreitete Methode für Prozessmodellierung BPMN 2.0 (Business Process Model and Notation) erlaubt es, komplexe Abläufe übersichtlich und konsistent zu visualisieren. Mit BPMN 2.0 nutzen Unternehmen eine gemeinsame Sprache für die Darstellung. Es lassen sich damit Prozessaktivitäten, Entscheidungspunkte, Ereignisse und Verzweigungen darstellen, zudem Interaktionen zwischen verschiedenen Prozessen und Systemen. Dies trägt wesentlich zur Verbesserung der Prozessqualität und Effizienz im Unternehmen bei. 

Unser Ratschlag: Machen Sie sich zunächst mit den grundlegenden Symbolen und Elementen des BPMN-Prozessdiagramms vertraut. Sie bilden das Herzstück des BPMN, mit ihnen lassen sich Prozesse präzise darstellen. Unten finden Sie die wichtigsten Symbole, noch detailliertere Infos in unserem BPMN-Elemente-Überblick. 

Die wichtigsten Symbole in BPMN-Prozessdiagrammen:

Schwimmbahnen: Verantwortungsbereiche fassen Objekte optisch zu Bahnen zusammen. Hier können auch Verzögerungen, Ineffizienzen und Verantwortlichkeiten sichtbar werden.

Ereignisse: „Ereignis beginnt“, „Zwischenereignis“ und „Ereignis endet“ in Kombination mit weiteren Symbolen spiegeln konkrete Einzelheiten oder Umstände wider (Zeit, Bedingung, Fehler, Abbruch).

Entscheidungen/Gateways: Entscheidungen oder Gateways sind Symbole, die Flüsse innerhalb eines BPMN-Diagramms trennen und neu kombinieren. 

Option: Prozessmodellierung in Tabellenform

Der dargestellte Einzelprozess „Einarbeitung neuer Mitarbeiter:innen“ in Tabellenform bietet eine strukturierte Darstellung aller Schritte und Aktivitäten, die beim Onboarding erfolgen müssen.

Prozess

  • Einarbeitungsprozess (Onboarding)

 

Prozessverantwortlicher

  • (Name)

Prozesszweck

Neuen Mitarbeiter:innen den Einstieg ins Unternehmen erleichtern, sie mit ihren Aufgaben und Arbeitsumfeld vertraut machen und ihnen die notwendigen Ressourcen und Informationen zur Verfügung stellen. 

Input

  • Einstellungsentscheidung
  • Stammdaten der neuen Mitarbeiter:innen
  • Stellenbeschreibung und Aufgabenbereich 
  • Arbeitsmittel und Ressourcen  

 

Prozessschritte

Vorbereitungsphase:

  • Personalabteilung
  • IT-Abteilung
  • Vorgesetzte

Erster Arbeitstag:

  • Begrüßung und Vorstellung
  • Administrative Aufgaben
  • Einführung ins Unternehmen

Erste Woche:

  • Schulungen und Einweisungen
  • Einarbeitung durch Mentor:innen

Erster Monat:

  • Regelmäßige Feedbackgespräche

Nach drei Monaten:

  • Abschluss der Einarbeitung

 

Output

  • Vollständig eingearbeitete Mitarbeiter:innen
  • Dokumentation der Einarbeitung
  • Feedback und Evaluierung 

Risiken

  • Bindung von Arbeitskräften im Onboarding = fehlende Kapazitäten in anderen Bereichen
  • Überbürokratisierung und mangelnde Individualität

 

Chancen

  • Effizienzsteigerung aufgrund standardisierter Abläufe (Zeitersparnis)
  • Verbesserte Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung (schnellere Einarbeitung und effektive Schulungen)
  • Kontinuierliche Optimierung (Feedbackgespräche)
  • Bessere Teamdynamik 

Best Practices mit orgavision

Mit dem richtigen Tool und hilfreichen Vorlagen gelingt die Erstellung von Prozesslandkarten kinderleicht. In orgavision stellen Sie Ihre Prozesslandkarten dar und bilden die Details in Form von Prozessdiagrammen nach BPMN 2.0 ab – anhand des integrierten Prozess-Editors. Auch einfachere Darstellungen in Form von Texten, Tabellen, Bildern oder Videos sind in orgavision möglich. Vom Einarbeitungsprozess neuer Mitarbeiter:innen bis hin zu Produktionsabläufen – alle Prozessdiagramme bildet die Software transparent ab.

Unsere fünf Best-Practice-Tipps für Sie:

  • Klare Ziele definieren: Bestimmen Sie den Zweck und die Zielsetzung der Prozesslandkarte, um den Fokus zu behalten. 
  • Visuelle Klarheit auf Einzelprojektebene schaffen: Nutzen Sie eine einfache und verständliche Darstellung, um die Prozesse klar und nachvollziehbar zu visualisieren. Die Verwendung von standardisierten Symbolen (BPMN) hilft dabei. 
  • Prozessverantwortliche festlegen: Weisen Sie auf Einzelprojektebene klare Verantwortlichkeiten zu, damit alle wissen, wer für welchen Prozess zuständig ist. 
  • Regelmäßige Überprüfungen einplanen: Werfen Sie in festgelegten Abständen einen Blick auf die Prozesslandkarten, um sicherzustellen, dass sie aktuell und relevant bleiben. In einer Software wie orgavision lassen sich dafür auch Erinnerungen anlegen. 
  • Software-Tools einsetzen: Setzen Sie ein spezialisiertes Software-Tool ein, um die Erstellung und Pflege der Prozesslandkarte zu erleichtern und die Kollaboration zu fördern. 

Vermeiden Sie diese Fehler!

  • Keine Einbindung in das Qualitätsmanagementsystem: Integrieren Unternehmen die Prozesslandkarte nicht in ihr bestehendes Qualitätsmanagementsystem, reduziert dies maßgeblich die Effektivität. 
  • Übermäßige Komplexität: Dominieren detaillierte und komplexe Darstellungen, werden Prozesslandkarten schnell unübersichtlich und schwer verständlich. 
  • Unzureichende Kommunikation: Stellen Organisationen die Prozesslandkarte nicht mit der nötigen Erläuterung vor, können Mitarbeiter:innen Nutzen und Bedeutung schwerer nachvollziehen. Die Akzeptanz bleibt dann aus.
  • Mangelnde Aktualisierung: Eine veraltete Prozesslandkarte verliert schnell an Wert und die Prozessoptimierung stagniert. 

Unternehmensreise: Nicht ohne Prozesslandkarten!

Einmal gewissenhaft erstellt, kontinuierlich gepflegt und angewendet, entfalten Prozesslandkarten ihr Potenzial. Allen voran fördern Unternehmen mit einer einfachen Darstellung sämtlicher Einzelprozesse Transparenz, Effizienz und eine kontinuierliche Verbesserung. All das sind unschlagbare Argumente, die Prozesslandkarten auch für ein starkes Qualitätsmanagement unverzichtbar machen.